Sofia e la sua
Sofia und ihre

Sofia Padovani,
geboren in Scurano, Provinz Parma,
auf den Hängen des Appenino tosco-emiliano, in der Wiege eines Bauernhofs, in seiner Wärme und seiner Geborgenheit, wo der natürliche Kreis der Selbstversorgung für viele Generationen Tradition und Lebensstrategie gewesen ist.
Seit ihrer Kindheit ist sie begeisterte Zeugin der Produktion vom Parmigiano-Reggiano.
Von den Großmüttern auf dem Bauernhof hat sie manche Geheimnisse gelernt, wie Aufmerksamkeit für einfache und authentische Dinge, von den Großvätern die Sturheit, den Kampfgeist und die Ausdauer.
Ihre „passione“ für Parmigiano-Reggiano ist Vertrauen und Bindung zu ihren Leuten, zur Herzlichkeit ihrer Handlungen, zur Schönheit ihrer Region.

Es mag viele Interpretationen für passione geben.
Öfters ist damit etwas von undenkbar tiefer Intensität gemeint, was außergewöhnlichen, heftigen Empfindungen entspricht, schmerzhaft fern von Rationalem und Objektivem.
Passione ist gleichwohl eine meist lobenswerte lebhafte Zuneigung.
La passione di Sofia gilt der Kontinuität kleiner wesentlicher Dinge, ihre Anwesenheit ist
bescheidener Reichtum, ihr Nutzen ist oft überaus schmackhaft ...
Sie können gerne daran teilnehmen, zum Beispiel mit einem Stück Parmigiano-Reggiano.

Eine (schöne) Vergangenheit ...

Die Kinder auf den Bauernhöfen hatten nie Langeweile, immer waren sie mit einbezogen. Sie hatten wichtige Kleinigkeiten zu erledigen, für die sie manchmal sehr geeignet waren.
Eine dieser Aufgaben war, die Milch im Fass auf dem Handwagen zur Molkerei zu bringen, wo die gemessene Menge ins Büchlein eingetragen wurde. Hier trafen sich junge und ältere Menschen in der Atmosphäre eines kleinen Marktplatzes. Besonders am frühen Abend, wenn die Arbeit fast getan war und Neuigkeiten ausgetauscht wurden, herrschte eine heitere Stimmung dank der bevorstehenden Abendruhe.
Die Milch in den Aufrahmbecken wirkte für Kinder sehr seltsam, so wie die großen Kupferkessel, immer glänzend und gefährlich tief. Oft gelang es ihnen im Produktionsraum der Molkerei wenige Streifen der noch frischen Käsemasse zu bekommen, die aus der Form rausschauten. Lecker!. Auf dem Weg zurück dann mit dem von Gut und Verantwortung geleerten Milchfass wurde der Handwagen zum Spielzeug.

Sicherlich kennt jeder eine öffentliche Waage, eine sogenannte Überfahrwaage. Bei uns damals (und heute noch) ein riesiges, in ein asphaltiertes Gelände eingelassenes Metallviereck, wo die Bauern Heu, Vieh und Weizen wiegen gehen. Manchmal unmittelbar nach der Ernte, das Vieh kurz vor dem Metzger.
So ein Gerät stand und steht in etwa 25 m Entfernung vom Hof unseres Hauses, wo wir Kinder in der Mittagszeit spielten. Leise sollte es zugehen, da die Erwachsenen ihren einstündigen (heiligen) Mittagsschlaf hielten.
An einem Tag im Sommer saßen wir im Halbkreis unter dem Walnussbaum, der großen Schattenspender der Mittagszeit, mit Blick auf der Straße, ca. 25 m von der Haustür entfernt wie so oft in den traumhaften langen Sommerferien, war der Cousin aus dem Nachbardorf bei uns.
Seine Mutter, viel zu beschäftigt auf dem großen Hof, wo Ihr Mann mit den drei Brüdern und dem Vater zusammen arbeiteten, sie war die erste Ehefrau, und als solche zuständig für die ganze Familie, Hauswirtschaft und noch hier und da helfen, Großeltern pflegen … und für das Einzelkind, gerade im Sommer, blieb keine Zeit ...
Ich weiß noch, es waren kleine Karten, ein Rommé-Spiel, und alle hoch konzentriert. Im Hintergrund gab es Geräusche von der Überfahrwaage. In der Stille der Mittagszeit nicht ganz leise Geräusche. Für uns spielende Kinder aber nur eine Nebensache.
Plötzlich sind laute Rufe zu hören und wir heben unsere Blicke über die Karten in Richtung eines dunklen, sich bewegenden Fleckes: etwa 8 m von uns entfernt, in der Mitte des Hofeingangs, stand ein dunkelbrauner Stier mit erhobenem Haupt. Er sah fast nicht bedrohlich aus, nicht aggressiv, eher Orientierung suchend, in einer ungewohnten Freiheit, ohne Zügel um den Hals und ohne Kette, eine geballte und ungeahnte Kraft, leise und langsam in seinen Schritten irgendwie...
Ich denke heute im Nachhinein, er war wunderschön, stolz und unglaublich stark. Was wir zuerst machten, weiß ich nicht mehr genau. Die Spielkarten blieben ungeordnet zurück. Wir Kinder rannten, das mussten wir, die Faszination und die kindliche Begeisterung für das anmutige Wesen blieben jedoch in jenem einen Bild gefangen...
Und wir rannten sehr sehr schnell ins Haus, den Vater aufwecken. Ich lief in Sekundenschnelle zu allen Fenstern vom Erdgeschoss bis zum 2. Stock, um die Fensterläden zu verriegeln und schaute durch einen 3 cm breiten Spalt zwischen den Fenstern auf das weitere Geschehen unten. Das Herz klopfte schnell, in den Beinen kribbelte es.
Die Männer vom Dorfmarkt hatten sich in aller Eile versammelt und versuchten, den Stier zu fangen, was aber einige Stunden in Anspruch nahm. Es war eine unglaubliche Aufregung, eine besondere Unruhe lag in der Luft, allerdings nicht mit Panik behaftet, sondern von aussergewöhnlicher, besonderer Lebendigkeit. Jeder wusste, die Männer würden es früher oder später schaffen. Daran war trotz der emotionalen Lage nicht zu zweifeln.
Für uns Kinder, für mich, wurde die Angst neben der Aufregung schnell zu Mitleid für das Tier. Nachdem der Stier dann mit mehreren Lassos gefangen worden war, wurde er an einen Birnbaum gebunden, vor unserem Haus, gleich am Anfang des Gartens, mit ganz kurzem Auslauf. Er war nicht zu besänftigen und drehte so viele Runden um den Birnbaum, dass die Rinde des Baumes vom Seil Risse bekam... Ich erinnere mich nicht, dass er sich hingelegt hat bis die Männer mit einem Traktor, einem Raupenschlepper, ihn weg zogen: zum Schlachten beim Metzger. Den ganzen Weg bewegte er keinen Fuß zum Laufen, wurde stattdessen regelrecht stehend weggezogen und hinterließ mit seinen Hufen 4 deutliche Spuren auf dem Asphalt.
Wir Kinder wussten es und wollten es doch nicht wahrhaben aber in meiner kindlichen Zuneigung zu dem großen Tier stand ich immer noch oben am Fenster. Die Fensterläden waren noch nicht ganz geöffnet, als der Schuss kam.

(Diese „Vergangenheit“ hat noch ein paar Folgen, wenn Sie mögen ...)

Sofia Padovani ist Mutter von zwei Kindern,
Freiberuflich Übersetzerin und Dolmetscherin,
Ehrenamtlich tätig in der Arbeit für Flüchtlinge,
Wohnt in Berlin.